Immaterielle Vermögensgegenstände einfach erklärt

26.04.2022 | Oscar Leistikow

Immaterielle Vermögensgegenstände einfach erklärt

Viele erfahrene Investoren schenken bei der Aktienanalyse den immateriellen Vermögensgegenständen in der Bilanz eines Unternehmens besondere Aufmerksamkeit. Hier erfährst Du, warum es sich auch für Dich lohnen kann, diesen Bilanzposten im Auge zu behalten.

Was sind immaterielle Vermögensgegenstände?

Immaterielle Vermögensgegenstände (engl. Intangible Assets) stellen in der Bilanz eines Unternehmens auf der Aktivseite die Patente, erworbene Rechte, Lizenzen und Software sowie Firmenwerte dar. Es handelt sich also um nicht greifbare Vermögensgegenstände.

Im Gegensatz zu diesen Intangible Assets gibt es Sachanlagen. Hierzu gehören Maschinen, Fuhrpark, Fabriken und mehr.

Bei Unternehmensübernahmen spielen die Intangible Assets eine besondere Rolle: Der Aufpreis, den ein Unternehmen über den Buchwert hinaus für eine Übernahme zu zahlen bereit ist, wird als Goodwill bezeichnet. Dieser Geschäfts- oder Firmenwert wird nach einer Übernahme als Goodwill unter den immateriellen Vermögensgegenständen in der Bilanz des übernehmenden Unternehmens verbucht.


Beispiel: Digital Turbine und Salesforce Aktien

Die Digital Turbine Aktie hat in den vergangenen Jahren mit einigen Übernahmen auf sich aufmerksam gemacht. Durch die Akquisitionen ist der Anteil immaterieller Vermögensgegenstände in der Bilanz deutlich angestiegen.


Digital Turbine Aktienanalyse lesen


Die Intangible Assets machen nun 68 Prozent des Gesamtvermögens bzw. der Bilanzsumme aus. Damit sind diese nun doppelt so groß wie das Eigenkapital.

Digital Turbine Aktie Bilanz

Quelle: Digital Turbine Aktie Bilanz

Auch Salesforce hat im Laufe der Zeit immer wieder teure Übernahmen getätigt (z. B. Slack). Bei der Salesforce Aktie ist der Anteil des immateriellen Vermögens in der Bilanz entsprechend hoch:

Salesforce Aktie Bilanz

Quelle: Salesforce Aktie Bilanz

Bei Salesforce machen die immateriellen Vermögensgegenstände 57 Prozent der Bilanzsumme aus und entsprechen circa dem Eigenkapital.

Besonders wichtig ist es, die historische Entwicklung der immateriellen Vermögensgegenstände zu betrachten. Das ist mit den Fundamental Charts im aktien.guide sehr einfach graphisch möglich:

Vergleich immaterieller Vermögensgegenstände

Quelle: Vergleich immaterieller Vermögensgegenstände

Die Grafik verdeutlicht, dass sich die immateriellen Vermögensgegenstände in den letzten fünf Jahren bei Digital Turbine um über 1.000 Prozent und bei Salesforce um immerhin über 500 Prozent erhöht haben!


Risiken

Falls die immateriellen Vermögensgegenstände im Verhältnis zu anderen Bilanzpositionen auffällig groß sind, dann solltest Du genauer hinschauen. Denn bei der Bewertung von Intangible Assets besteht ein großer Bewertungsspielraum.


Häufig stellt sich nach einiger Zeit eine Überbewertung der immateriellen Vermögensgegenstände heraus!


Es ist bei immateriellen Vermögensgegenständen deutlich schwieriger den wahren Wert zu ermitteln, als bei Sachanlagen. Zum Beispiel lässt sich der Wert einer Maschine einfacher und genauer ermitteln, als der Wert einer Marke.

Gerade bei teuren Firmenübernahmen ist Vorsicht geboten. Zunächst mal wird der bezahlte Goodwill dort eingebucht. Sollte sich im Laufe der Zeit herausstellen, dass die zugekaufte Firma doch nicht so erfolgreich und werthaltig ist wie erhofft, dann ergeben sich Bilanzrisiken.

Es besteht dann die Gefahr, dass das Anlagevermögen überbewertet ist. Sobald ein Impairmenttest (Werthaltigkeitstest) durchgeführt wird und der Wirtschaftsprüfer feststellt, dass eine Überbewertung vorliegt, kommt es zu außerplanmäßigen (oftmals hohen) Abschreibungen.

Hohe Abschreibungen haben vor allem negative Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung. Das EBIT bzw. der Nettogewinn wird dementsprechend geringer ausfallen. Der Free Cashflow ist nicht betroffen, da Abschreibungen nicht zahlungswirksam sind.


Fazit

Aktien mit einem hohen Anteil immaterieller Vermögensgegenstände in der Bilanz bergen zusätzliche Risiken und sind mit der entsprechenden Vorsicht zu genießen. Viele konservative Investoren bevorzugen daher organisches Wachstum gegenüber einem aggressiven Übernahmekurs, der immer mit dem Aufbau entsprechender immaterieller Firmenwerte in der Bilanz einhergeht.


Autor: Oscar Leistikow

Oscar Leistikow ist Masterabsolvent im Bereich Controlling und durch seine mehrjährige Berufserfahrung im Finanzbereich eines DAX-Konzerns in der Zahlenwelt zu Hause. Ihn faszinieren die Kapitalmärkte und er ist selbst begeisterter Privatanleger. Sein Ziel ist es, das Wissen über Aktien und Börse weiterzugeben und den aktien.guide zu einem führenden Tool für Privatanleger zu entwickeln.